Performance Review: Excellent Timing

       

Gion Reto Capaul macht sich fit für den Aufschwung, April 2009

Am 25. Februar 2009 hat Visual Finance den «Global Credit Risk Outlook» von der höchsten Risikostufe ‚Rot’ nach ‚Orange’ gesenkt. Unsere Analyse der Wirtschaftsgeschichte, die Einschätzung der Wirtschaftslage und unser Konzept Bondholder Value® hatten eine Stabilisierung an den Finanzmärkten nahegelegt. Die Bewertungen von Aktien und Unternehmensanleihen stuften wir als attraktiv ein und wir hatten aussergewöhnlich viele interessante Kaufgelegenheiten in praktisch allen Anlagekategorien geortet. Mit unserer Prognose haben wir voll ins Schwarze getroffen. In den Monaten März und April haben die Aktienmärkte und Unternehmensanleihen zu einer fulminanten Rallye rund um den Globus angesetzt. Die ausserordentlich gute Performance würden wir jetzt bereits für gezielte Verkäufe bzw. Gewinnrealisationen nutzen. Die Risikostufe belassen wir unverändert auf ‚Orange’.

In einer volkswirtschaftlichen Betrachtungsweise treten wir jetzt in die heikle Phase der «Pièce de Résistance» ein, die überwunden werden muss. Manche Firmen werden Hoffnungssignale aussenden, dass sie die Talsohle möglicherweise schon sehr bald durchschritten haben werden. Auf der anderen Seite wird schon bald sichtbar, welchen Schaden die grosse Krise verursacht hat und, ob die Unternehmungen wieder in ähnlichem Ausmasse an frühere (Gewinn-)Leistungsausweise anknüpfen können oder nicht. In bestimmten Fällen werden die erhofften Erfolgsmeldungen ausbleiben und es wird zu Enttäuschungen kommen. Die Geschichte lehrt, dass gerade auch nach dem Verlassen des unteren Wendepunktes im Konjunkturzyklus der Aufschwung für einige Firmen zu spät kommt und eine nachhaltige Rettung versagt bleibt. Konkret: Die Insolvenzen steigen auch zu Beginn eines neuen Aufschwungs noch eine Weile an.

Ich kann Ihnen zwar einen Aufschwung aus dem Stand am Reck darbieten, ein Wirtschaftsaufschwung ist allerdings ein viel komplizierterer Prozess, der stets von vielen Unsicherheiten begleitet wird. Trotzdem, auch für die Konjunkturerholung spielt die Technik, hier im Sinne von intelligenten Förderungsmassnahmen, eine essenzielle Rolle. Gegenwärtig befinden wir uns insofern in einer heissen Phase, als die Hoffnung auf eine Konjunkturerholung stark am Wachsen ist. Ein neuerlicher heftiger Wirtschaftseinbruch in der ersten Aufschwungphase (Foto 3) würde die Wirtschaft und die Börsen sehr hart treffen. Denn die steigenden Arbeitslosenzahlen – obschon ein nachlaufender Konjunkturindikator – führen uns schonungslos vor Augen, zu wie vielen Opfern die Wirtschaftskrise bereits geführt hat. Die Konsumentenstimmung, die sich jüngst ganz leicht aufgehellt hat, würde sich wieder rapide verschlechtern und für eine neue Verunsicherungswelle in der Realwirtschaft und an den Kapitalmärkten sorgen.

Dazu kommen die sich auftürmenden Schuldenberge vieler Nationen. Sie werden auf Jahrzehnte hinaus für Kopfzerbrechen sorgen. Es ist absehbar, dass es für jede kommende Generation schwierig sein wird, die angehäuften Schuldenberge abzubauen; selbst wenn nächste Generationen dannzumal aus den Investitionen und Errungenschaften früherer Generationen einen erkennbaren Nutzen ziehen könnten (was bei den Umweltproblemen eher unsicher ist)! Mit (viel) mehr Geld soll auch der Internationale Währungsfonds (IWF) ausgestattet werden. Die zeitlich befristete Kreditlinie der Schweiz beträgt 10 Milliarden US-Dollar. Dies ist im Prinzip eine gute Sache. Es fragt sich aber, woher plötzlich das viele Geld kommen soll. Plötzlich sitzt das Geld, so könnte man zumindest aufgrund der Kreditzusagen annehmen, recht locker in den Taschen der Mitgliedstaaten. Noch vor wenigen Jahren, während des Wirtschaftsbooms, eilte es vielen Nationen mit einer schon damals notwendigen Stärkung der Kapitalbasis des IWF überhaupt nicht. Wir fragen uns, woher das viele Geld im Ernstfall kommen soll?

Giant Debtors wanna get rid of their Bondholders

Nichts Positives zum Thema Schuldenbewältigung lässt sich zurzeit aus dem Hause General Motors (GM) vermelden. Der über seine eigene Geschäftspolitik gestrauchelte Auto-Koloss will seine riesigen Anleihenschulden von 27 Milliarden US-Dollar mittels eines Debt-Equity-Swaps (Tausch von Schulden in Aktien) in 10% des Aktienkapitals der neuen GM wandeln. Die Offerte des Giganten aus Detroit ist aus Sicht des führenden Obligationärsaktivisten Visual Finance erstaunlich unattraktiv für die Obligationäre. Dass die vertraglich eingegangenen Verpflichtungen nun mit dem ganz grossen Schulden-Gummi ausradiert werden sollen, gefällt uns gar nicht. GM wird eine neue, bessere Offerte ihren Gläubigern unterbreiten müssen. Falls solche mickrigen Umtauschangebote bei anderen Anleihenschuldnern Schule machen, werden die Bondholder (Obligationäre) in den nächsten Jahren wenig zum Lachen haben.

Die Bondmärkte teilen sich momentan in zwei Extrem-Welten: die der öffentlichen Schuldner zusammen mit den vermeintlich erstklassig gesicherten Pfandbriefen – beide mit historisch rekordtiefen Renditen u.a. wegen Wertpapier-Käufe von Zentralbanken (I), und die der privaten Industrieschuldner (II), die enorm unter der Wirtschaftskrise und den rekordhohen Risikoprämien leiden und wie Löwen ums Überleben kämpfen müssen. Die erste verspricht Sicherheit. Gerade hier sehen wir aber beträchtliche Preisrisiken aufgrund der kontinuierlich wachsenden Schuldenberge (A) und der Inflation (B), die eher früher als später wieder steigen könnte. Es gibt viele Argumente, die für steigende Zinsen in den kommenden Jahren sprechen. Eines ist ziemlich sicher: Die künstlichen staatlichen Eingriffe auf den Zins- und Bondmärkten (Interventionen) werden irgendwann zu heftigen Gegenbewegungen führen. Wegen der unglaublichen Grösse der staatlichen und parastaatlichen Schuldner würde ein Preisrutsch in diesem Anleihen-Segment unweigerlich die Dimension eines Bondcrashs annehmen. Nur im Falle einer hartnäckigen Depression lassen sich derart tiefe Zinssätze auf Dauer rechtfertigen. In diesem sehr düsteren Szenario würden auch die Aktienbörsen noch einmal einen Stock tiefer in den Keller stürzen.


Visual Finance - The Power of Arguments